SBV-Studie – Ängste schüren statt an Lösungen zu arbeiten

Die vom Schweizerischen Bauernverband (SBV) in Auftrag gegebene Studie zu den Auswirkungen der Trinkwasserinitiative für die Landwirtschaft geht von falschen Annahmen aus. Der Initiativtext wird viel zu rigid und damit unrealistisch ausgelegt. So sind von der Initiative zum Beispiel keine Pflanzenschutzmittel der Bio-Landwirtschaft betroffen. Sie sieht auch keinen Totalverzicht auf Futtermittelzukäufe vor. Interessant ist hingegen das Resultat der Studie, wonach Betriebe, die nach einer Annahme der Trinkwasserinitiative aus dem Direktzahlungssystem aussteigen würden, ihre Produktion kaum weiter intensivieren könnten. Der Behauptung des SBV, es komme durch die Initiative zu einer Intensivierung der Landwirtschaft mit massiver Verschlechterung der Umweltbilanz, ist damit die Grundlage entzogen.

Wiedlisbach, 7. Mai 2019 – Das Initiativ-Komitee nimmt die vom SBV in Auftrag gegebene Studie der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL zu den Auswirkungen der Trinkwasserinitiative auf Landwirtschaftsbetriebe zur Kenntnis.

Leider erfolgte die Analyse auf Basis einer unglaubwürdig rigiden Auslegung des Initiativtextes und ist daher nur von sehr begrenzter Aussagekraft. Beispiel Pestizide: Obwohl laut Initiativkomitee die Bio-Mittel nicht von der Initiative betroffen sind, geht die Studie davon aus, dass jeglicher Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zum Ausschluss von Direktzahlungen führt. Auch Biozide und Desinfektionsmittel – welche von der Initiative gar nicht angesprochen werden – sollen gemäss der HAFL nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Es erstaunt nicht, dass bei solch unrealistischen Annahmen nicht einmal Bio-Betriebe die Auflagen der Initiative erfüllen können.

Ähnlich beim Thema Futtermittelzukauf: Die Autoren beharren darauf, dass keinerlei Futtermittel zugekauft werden dürfen, insbesondere keine Proteine. Dadurch werden zusätzliche Zwänge und Beschränkungen heraufbeschworen, die bei Annahme der Initiative niemals Realität werden würden. Der Spielraum, den das Parlament bei der Umsetzung der Trinkwasserinitiative hat, wurde von den Autoren bewusst ignoriert.

Es kann nicht verwundern, dass unter diesen unrealistisch harschen Rahmenbedingungen, welche die Annahme der Initiative gar nicht schaffen würde, die Mehrheit der von den Autoren befragten Bauern keine Chance für eine Anpassung ihres Betriebs an die Trinkwasserinitiative sehen.
Sehr deutlich macht die Studie hingegen, welche Bereiche der Landwirtschaft sich am weitesten von einer natur- und gewässerkompatiblen Wirtschaftsweise entfernt haben und daher zu Recht im Fokus einer Umorientierung stehen:

  • intensive, auf Futterzukäufe ausgerichtete Tierhaltung (Schweine- und Pouletmast, Legehennen, Milch-Hochleistungsbetriebe),
  • Intensivpflanzenbau mit Spezialkulturen wie Zuckerrüben,
  • Obst- und Weinbaubetriebe mit Anbaupraktiken und Sorten, die von Pestiziden abhängig sind.

Diese laut Studie «nicht TWI-kompatiblen Betriebszweige» verursachen durch Pestizide, Gülle und Antibiotikaeinsatz die grössten Schäden an den Gewässern und sollen gemäss Trinkwasserinitiative nicht mehr subventioniert werden. Einige Betriebe würden laut Studie bei Annahme der Initiative auf Direktzahlungen verzichten. Sie müssten sich aber weiter an die geltenden Umweltschutzgesetze halten. Mastbetriebe sind ausserdem durch Verträge mit ihren Abnehmern oft auch an den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) gebunden.

Auch belegt die Studie, dass Betriebe, die bei Annahme der Initiative aus dem Direktzahlungssystem aussteigen, ihre Produktion kaum weiter intensivieren können. Der Behauptung des SBV, es komme durch die Initiative zu einer Intensivierung mit massiver Verschlechterung der Umweltbilanz, ist damit die Grundlage entzogen.

Dass die Umsetzung der Trinkwasserinitiative möglich ist und so die gravierenden Umweltprobleme der Schweizer Landwirtschaft effektiv angegangen und beseitigt werden können, belegt ein vom Verband der Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) und dem Schweizerischen Fischerei-Verband veröffentlichtes Gutachten. («Hintergründe und Tragweite der Trinkwasserinitiative»). Es zeigt auf, wie das Parlament die Initiative praxiskompatibel und mit Nutzen für Gewässer und Umwelt umsetzen kann.

Das Vertrauen ist am Ende
Wir bedauern, dass der Bauernverband mit unrealistischen Annahmen Ängste vor der Initiative schürt anstatt sich einer sachlichen Diskussion zu stellen. Die bestens dokumentierten Risiken des übermässig hohen Pestizideinsatzes, von Nitrat im Grundwasser und zunehmenden Antibiotika-Resistenzen werden in der Studie nicht einmal erwähnt. Dies ist ein Affront gegenüber der Bevölkerung sowie Tausenden Bäuerinnen und Bauern in der Schweiz, die schon seit Jahrzehnten im Einklang mit den Forderungen der Initiantinnen und Initianten Lebensmittel produzieren.

Politisches Umdenken unumgänglich
Nach 22 Jahren Milliardenzahlungen in den ökologischen Leistungsnachweis erreicht die Schweizer Landwirtschaft keines der 13 Umweltziele und erfüllt damit nicht einmal die Anforderungen der Schweizer Umweltgesetze. Gleichzeitig werden noch immer stark umweltschädigende Produktionsweisen vom Bund mit unseren Steuergeldern unterstützt. Dadurch wird in Kauf genommen, dass unsere Gesundheit und Ernährungssicherheit gefährdet wird.

„Wir Schweizerinnen und Schweizer können definitiv nicht mehr auf das im Schlusswort der Studie erwähnte selbstverantwortliche und proaktive Ausrichten der Landwirtschaft warten. Die unnachgiebige und kompromisslose Haltung des Bauernverbandes bestätigt uns die Wichtigkeit und Dringlichkeit unserer Initiative“, betont die Initiantin Franziska Herren.

Für Rückfragen
Franziska Herren, Mitinitiantin, Tel. +41 79 829 09 19, info@sauberes-wasser-fuer-alle.ch